
Gutes Licht für gesunde Lebensmittel?
Wie reagieren Pflanzen auf unterschiedliches Licht?
Licht ist lebensnotwendig für alles Lebendige – aber welche Art von Licht ist förderlich für das Leben? Gibt es Unterschiede in der Wirkung verschiedener Lichtqualitäten, welchen Einfluss hat sie zum Beispiel auf pflanzliche Lebensmittel? Und kann man dies gegebenenfalls genauer beschreiben?
Denn mit der Tatsache, dass Pflanzen zum Wachen und Gedeihen eine ihrer Art angemessene Lichtmenge brauchen, wird in der Pflanzenzucht schon von jeher intensiv gearbeitet. Seit Einführung der LED haben sich die Möglichkeiten vervielfacht: Im so genannten „Indoor-Farming“1 wachsen Pflanzen wie Salat, Tomaten und Basilikum komplett unter Kunstlicht in Nährlösung auf vielen Etagen übereinander. Von manchen wird diesem Gemüse sogar „Bio-Qualität“ attestiert – auf Pflanzenschutzmittel kann verzichtet werden, denn Schädlinge haben unter diesen Bedingungen keine Chance.
Es stellt sich die Frage, was der Verzicht auf natürliches Licht beim Anbau für Folgen zeitigt. Aber auch nach der Ernte sind Obst und Gemüse künstlichem Licht ausgesetzt: bei der Lagerung im Großhandel und bei der Präsentation im Supermarkt, Lebensmittelgeschäft oder Biomarkt. Hier werben die Lichtfirmen inzwischen mit speziell für bestimmte Warengruppen angepasstem LED-Licht, das vor allem längere Lagerzeiten ermöglichen soll.2
Wir haben uns die Frage gestellt, ob man die Einflüsse verschiedener Lichtarten auf Lebensmittel beobachten kann und sind dem in zwei kleinen Studien nachgegangen. Dabei kamen verschiedene Methoden zum Einsatz: Bildekräfteforschung3, Bildschaffende Methoden4 und WirkSensorik5.
Näheres dazu und eine Liste der verfügbaren Studien finden Sie hier.
Im folgenden Artikel beschreibt Dr. Uwe Geier die Ausgangssituation. Die in den Fußnoten angegebenen Studien sind größtenteils in englischer Sprache verfasst, der Abruf der Langfassungen ist zum Teil kostenpflichtig.

LED-Licht und Lebensmittel
Durch ihre vielfältigen Einsatzmöglichkeiten und ihren geringen Energieverbrauch haben LED als zusätzliche Beleuchtung im Gewächshausanbau schnelle Verbreitung gefunden. Die Forschung zu LED an Pflanzen zielt über die gezielte Anwendung von bestimmten Farben aber auch auf höhere Erträge, höhere Nährstoffgehalte und Verminderung von Abbau und Temperaturschäden6.
Es wird aber gleichzeitig festgestellt, dass zum Beispiel Untersuchungen zu möglichen Geschmacksveränderungen und zur Verbraucherakzeptanz bisher fehlen.7 Dafür wurde schon nachgewiesen, dass LED mit 405 nm Wellenlänge bei „Baby leaf“-Salat eine antibakterielle Wirkung8 hat.
Pflanzen reagieren auf die Behandlung mit unterschiedlich farbigen LED tatsächlich mit der Veränderung ihrer Inhaltsstoffe. Allerdings zeigt sich in Untersuchungen, dass jeder Inhaltsstoff auf eine andere Wellenlänge reagiert, sodass eine durchgehende positive Veränderung nicht gelingt. Außerdem reagiert jede Pflanze und sogar Sorte auf die Lichtbehandlung anders, sodass die Autoren schlussfolgern: „Our results show that to achieve solely a positive effect is complicated.“9

LED soll schließlich auch bei der Lagerung von Pflanzen die Alterung verzögern
und höhere Gehalte wertgebender Stoffe zu erhalten. Bei einer Reihe von Pflanzen führt tatsächlich die Behandlung mit Kunstlicht (d.h. nicht nur mit LED) in der Lagerung zu positiven Veränderungen, wie bei Salat, Pflücksalat oder grünem Spargel. Allerdings reagieren andere Pflanzen, beispielsweise Radieschensprossen, Zwiebeln und Tomaten, sehr empfindlich auf jede Lichtexposition. Das heißt: ein einheitliches förderndes Kunstlicht für alle Pflanzen gibt es nicht.
Im Bereich Anbau und Lebensmittelanalyse liegen also schon einige Studien zur Wirkung von LED vor. Wie aber Lebensmittel von der Ausleuchtung in der Lagerung und im Handel beeinflusst werden, ist noch wenig untersucht.
Einige Studien haben sich bereits mit der Beleuchtung von Theken für den Verkauf von Frischfleisch beschäftigt, da Fleisch ein relativ empfindliches, schnell verderbliches Lebensmittel ist.

Bisher wurden hier vor allem Leuchtstoffröhren eingesetzt.
Aufgrund der niedrigeren Wärmeentwicklung der LED wurde mit einer verbesserten Haltbarkeit von Fleischwaren gerechnet. Zwei aktuelle Studien zeigen allerdings, dass es hier keine Vorteile der LED gegenüber Leuchtstoffröhren gibt. Stattdessen fanden die Autoren bei den meisten Produkten eine höhere Fettoxidation (Alterung) durch LED-Licht.10 Andere Autoren fanden unter LED eine stärkere Vergrauung bei gepökeltem Steaks.11 Man kann also annehmen, dass bei Fleischwaren der hohe Anteil an energiereichem Blaulicht in der LED stärker für die Produktalterung verantwortlich ist als die geringere Wärmeentwicklung Vorteile bringt.
Auch bei Milch, einem ebenfalls empfindlichen Lebensmittel, fanden sich Überraschungen: Frische Milch in transparenten Kunststofflaschen veränderte schon nach vier Stunden unter LED-Licht in einer üblichen Supermarktregal-Helligkeit (1200 lux) den Geschmack so deutlich, dass sogar ungeschulte Konsumenten statt der „frischen“, LED-belichteten Milch lieber 14 Tage alte Milch tranken (siehe News).12

Eine Folgestudie dazu verglich das Licht von LED und Leuchtstoffröhre in seiner Wirkung auf die Milch.
Tatsächlich war der Vitaminverlust unter LED niedriger, aber Sensorikexperten stellten erneut eine geschmackliche Beeinträchtigung durch LED-Licht fest. In einer ähnlichen Studie über die Qualitätsveränderungen bei haltbar gemachter Sahne waren sowohl der Fettabbau wie der Verlust von Vitamin B2 unter LED stärker als unter Leuchtstofflicht.13
Unsere eigenen, bisher noch unveröffentlichten Untersuchungen mit dem EmpathicFoodTest® unter anderem mit Quark und Möhren bestätigen die oben genannten Studien. Geschulte Beobachter bewerten die lebensmittelinduzierte Emotionen von LED-behandelten Proben ungünstiger als nach Beleuchtung mit Halogen. Die parallel durchgeführten Studien der Gesellschaft für Bildekräfte e.V. bestätigen die Ergebnisse.14

Es kann also zusammengefasst werden:
Gerade bei empfindlichen Lebensmitteln überwiegen bisher die Nachteile einer Beleuchtung mit LED. Bei der Lichtexposition von Lebensmitteln scheinen Sensorik (Geschmack), Konsumentenakzeptanz und lebensmittelinduzierte Emotionen besonders sensibel zu sein.
Nach Einschätzung von Beleuchtungsexperten, die täglich mit den Fragen ihrer Kunden vom Lebensmittelhandel konfrontiert sind, ist die schnellen Einführung der LED, vor allem durch die massiv beworbene Möglichkeit zur Energieeinsparung erfolgt. Eventuelle Nachteile, die jetzt immer mehr sichtbar werden, wurden dabei offensichtlich völlig ausgeblendet.
Die LED wurde marktgängig, bevor ihre Wirkungen überprüft werden konnten. Aber immer mehr wissenschaftliche Studien weisen inzwischen die entstehenden Probleme nach. Wenn Supermärkte und Kühltheken zukünftig mehr und mehr mit LED ausgeleuchtet werden, müssen parallel dazu Wege gefunden werden, unsere Lebensmittel zu schützen. Diese Notwendigkeit ist bisher noch nicht bis in den Alltag der Anwender durchgedrungen.
1 Weiterlesen beispielsweise hier: www.daserste.de/w-wie-wissen/querbeet, www.infineon.com/LEDs-im-Urban-Farming, sz-magazin.sueddeutsche.de/Drinnen-im-Garten
2 www.lighting.philips.de/verfarbung-von-fleisch, www.lighting.philips.de/fresh-food
3 siehe Lebenskräfte und Natur sowie www.bildekraefte.de
4 www.oekolandbau.de/was-ist-qualitaet/ganzheitliche-methoden-zur-qualitaetsbestimmung, www.vfk.ch/forschung/pharmazeutischeforschung/bildschaffende_methoden, www.wikipedia.org/Bildschaffende_Methode
5 www.wirksensorik.de
6 Craig D’Souza et alt., 2015: Application of Light-Emitting Diodes in Food Production, Postharvest Preservation, and Microbiological Food Safety, onlinelibrary.wiley.com
7 Siehe Fußnote 6
8 Min-Jeong Kim et alt., 2016: 405 ± 5 nm light emitting diode illumination causes photodynamic inactivation of Salmonella spp. on fresh-cut papaya without deterioration, www.sciencedirect.com
9 Giedre Samuoliene et alt., 2012: LED lighting and seasonality effects antioxidant properties of baby leaf lettuce, www.researchgate.net/LED_lighting_and_seasonality_effects_antioxidant_properties_of_baby_leaf_lettuce
10 Steele et al., 2016: Shelf life of fresh meat products under LED or fluorescent lighting, www.sciencedirect.com. Es sind uns sogar Leuchtenhersteller bekannt, die für Fleischtheken inzwischen explizit kein LED einsetzen, weil die schnellen Alterungsprozesse zu massiven Reklamationen geführt hatten.
11 Lowder & Killefer, 2016: Retail shelf-life of fresh and cured meat products stored under fluorescent and light emitting diode (LED) illumination sources, www.sciencedirect.com
12 www.bzfe.de/inhalt/mit-led-schmeckt-milch-nach-pappe-6959.html und www.journalofdairyscience.org
13 Böhner et alt., 2017: Influence of novel retail lighting on the quality of coffee cream in different types of packaging, www.researchgate.net/Influence_of_novel_retail_lighting_on_the_quality_of_coffee_cream_in_different_types_of_packaging
14 Siehe dazu Kapitel Forschung und Studien. Näheres zum Untersuchungsverfahren siehe auch www.wirksensorik.de
Mit Tageslicht und guten Augen kauft man wohl.